Pressemitteilung „Lernen von Pornos?“

Pressemitteilung „Lernen von Pornos?“

Pressemitteilung „Lernen von Pornos?“

Das Fazit nach dem gut besuchten Online-Fachgespräch lautet: Es muss dringend mehr Prävention durch gezielte Medienbildung in Schulen stattfinden

Lernen von Pornos?“ Mehr Bildung und Prävention für Kinder und Jugendliche zum Thema Internetpornographie

Unter dieser provokanten Überschrift lädt die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen in Baden-Württemberg am 19. Juli 2023 ein zu einem gut besuchten Online-Fachgespräch mit vier Vertreter*innen aus der Jugendarbeit, der Frauenberatung, von Lehrer*innen und der Bildungspolitik zum Thema: „Was tun wir gegen den Einfluss sexualisierter Gewalt im digitalen Raum auf Jugendliche?“ Fazit: es muss dringend mehr Prävention durch gezielte Medienbildung in Schulen zu diesem Thema stattfinden.

Kinder kommen heute im Durchschnitt bereits im Alter von 10-11 Jahren erstmals in Kontakt mit Internetpornografie. Mit dem eigenen Smartphone kommt man mit zwei Klicks auf die entsprechenden Seiten, oder die Videos werden in Social Media geteilt. Problematisch ist insbesondere, dass in einem Großteil dieses pornographischen Materials Frauen Gewalt, Schmerzen und Demütigung erleiden, Männer dagegen als gewalttägig und dominant dargestellt werden. „Bevor Jugendliche ihre eigene Sexualität entwickeln können, kommen sie so in Kontakt mit sexualisierter Gewalt“, führt die kommissarische ASF-Landesvorsitzende Dr. Brigitte Schmid-Hagenmeyer aus. Dies fördere die Entwicklung stereotyper Geschlechterrollen und die Normalisierung von sexualisierter Gewalt auch zwischen Jugendlichen.

“Lernen aus Pornos“ bedeute, dass Mädchen meinen, sie müssten das aushalten, Jungen entwickeln Versagensängste – so der Medienpädagoge Jürgen Held vom Jugendamt Mannheim. Da im digitalen Raum ein technischer Jugendschutz kaum mehr effektiv möglich sei, wie z.B. durch Altersschranken bei Pornoseiten, seien hier Jugendschutz durch Prävention und Bildung zentral und bisher viel zu gering. Allerdings sollen sich die Betreiber von Pornofilm-Plattformen nicht aus der Verantwortung stehlen dürfen, erklärt Diplom-Psychologin Julia Bleher vom Mädchen- und Frauennotruf Mannheim: Das Mindeste sei deren Verpflichtung zum Verlinken von Unterstützungsangeboten für den Ausstieg.

Außerdem berge regelmäßiger Pornokonsum ein erhebliches Suchtpotential, so Bleher. Die Folge sei auch eine Abstumpfung gegenüber Gewalt und die Zunahme von sexuellen und körperlichen Übergriffen. Dass die partnerschaftliche Gewalt gegen Frauen zunimmt, zeigen die aktuellen Zahlen des BKA. Das bestätigte auch die Co-Moderatorin Nazan Kapan, Geschäftsführerin des Mannheimer Frauenhaus e.V. und Vorstandsmitglied der ASF: „Daher ist es auch sehr wichtig vorhandene Fachberatungsstellen und Frauenhäuser finanziell abzusichern und weiter auszubauen.“

„Was tun?“: Alle Vertreter*innen betonen, dass das Thema deutlich mehr Beachtung benötige: Sie fordern unisono mehr Prävention durch gezielte Medienbildung in Schulen, Aufklärung von Eltern und Presseberichte, damit Jugendliche in eine wirklich selbstbestimmte Sexualität hineinwachsen können, ohne in diesem Bereich Gewalterfahrungen zu machen. Schwerpunkt der Präventionsarbeit sei die Medienbildung an Schulen. „Aktuell sind Lehrer:innen bei Vorkommnissen sexualisierter Gewalt oft noch überfordert und oft fehlen auch noch Präventions- und Schutzkonzepten an den Schulen“, so Farina Semler, stellv. Vorsitzende der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft Baden-Württemberg.

Die Verbesserung von Elterninformation und die Einrichtung von Peergroups für den Erfahrungsaustausch bzw. die Unterstützung müssten als weitere Pfeiler der Präventionsarbeit eingerichtet werden, fordert Jürgen Held. Entsprechenden Handlungsbedarf sieht auch der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Dr. Stefan Fulst-Blei und schlägt die Einrichtung eines verbindlichen Unterrichtsinhalts im Fach Medienbildung mit dem Hinblick auf sexualisierte Gewaltdarstellungen im Internet vor. Die Politik sei gefordert, die entsprechenden finanziellen Mittel für diese Bildungs- und Präventionsarbeit bereitzustellen, z. B. für die notwendige Fortbildung der Lehrer:innen oder schulische Veranstaltungen mit externen Anbietern

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